29.05.2013: Seit vielen Jahren kämpft die palästinensische Nation um die Verwirklichung der sogenannten 'Zwei-Staaten-Lösung', und seit ebenso vielen Jahren versuchen die israelischen Regierungen diesen Kampf zu hintertreiben und die Verwirklichung der Vision insbesondere durch die Zerstückelung des palästinensischen Territoriums in den Grenzen von 1967 unmöglich zu machen. Am Jahrestags der Nakba - der Katastrophe der Vertreibung vor und bei der Gründung des Staates Israel - haben erstmals auch hohe Vertreter der die palästinensischen Autonomiebehörden beherrschenden Fatah Überlegungen zu einer Ein-Staat-Lösung öffentlich geäußert.
Amira Hass berichtete in der israelischen Tageszeitung Haaretz Mitte Mai über ein diesbezügliches Dokument. Geboren 1956 in Jerusalem, ist sie die einzige israelische Journalistin, die jenseits der 'grünen Linie', nämlich in Ramallah lebt, und das seit 1977. Vorher verbrachte sie ein paar Jahre in Gaza. Sie ist Korrespondentin der israelischen Tageszeitung Ha'aretz. Sie studierte als Tochter Holocaust-Überlebender Geschichte in Jerusalem und Tel Aviv und arbeitete danach als Lehrerin. Ihr Bericht lautete:
Hochrangige Fatah-Mitglieder gaben am Mittwoch [15. Mai] ein Dokument heraus, in dem sie zur Errichtung eines demokratischen Landes auf dem Gebiet zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan aufrufen: Eine Zwei-Staaten-Lösung zu verlangen sei unrealistisch.
Die Initiative, die der Höhepunkt einer zwei Jahre langen Diskussion war, fiel mit dem 65. Jahrestag der Nakba zusammen – der gewaltsamen Vertreibung von 750.000 Palästinensern 1948 und der Zerstreuung des palästinensischen Volkes auf verschiedene Länder und Regime.
Während die PLO in Ramallah am Mittwoch eine kleine Demonstration in Erinnerung an die Nakba hielt, versammelten sich etwa 20 Männer und zwei Frauen in einer Halle im El-Bireh-Rathaus, um das Dokument zu unterschreiben: "Das Projekt der Volksbewegung für einen demokratischen Staat im historischen Palästina".
Es erklärt, dass die "rassistische israelische Politik der Trennung" die Zweistaatenlösung (die sich auf die Grenzen von 1967 gründet) unrealistisch mache. Deshalb sei die wünschenswerteste Option, die für das palästinensische Volk übrig bliebe diejenige, die das Rückkehrrecht erlaubt, "ein demokratischer Staat für all seine Bürger, der sich auf eine demokratische Verfassung und die Universellen Menschenrechte gründet und der Freiheit und gleiche Rechte garantiert – ohne Diskriminierung in Bezug auf Ethnie, Religion, Geschlecht, Hautfarbe, Sprache, Nationalität, politische Meinung, sozialen Ursprung und Geburtsort".
Die meisten Teilnehmer hinter dieser Initiative gehören der Fatah an, eine Minderheit sind Mitglieder von anderen Organisationen in der PLO. Unter ihnen das Fatahmitglied Radi Jarai, der frühere vertretende Direktor für Gefangenenangelegenheiten, Munib Abushi, der frühere Gouverneur von Salfit und Prof. Uri Davis von der Abteilung für israelische Studien an der Al-Quds-Universität. Als er von Haaretz gefragt wurde, ob es die Absicht sei, "einen Staat für das palästinensische Volk und Mitglieder der jüdischen Religion und andere" zu errichten, antwortete Davis, dass die Mitglieder noch dabei wären, über verschiedene Konzepte und Definitionen zu diskutieren, und dass er selbst "einen Staat für zwei Völker" unterstützen würde.
Text und Quelle: Tlaxcala