Internationales

Bolivien TIPNIS 201130.09.2011: In Bolivien hat der Konflikt um den Bau einer umstrittenen Durchgangsstraße durch das Schutzgebiet 'Indigenes Territorium Nationalpark Isiboro Sécure' (TIPNIS) einen neuen Höhepunkt erreicht. Polizisten lösten am späten Nachmittag des letzten Sonntags (25.9.) einen Protestmarsch gegen das umstrittene Straßenbauprojekt gewaltsam auf. Einen Tag danach hat Boliviens Präsident Evo Morales einen Baustopp für das Straßenprojekt verkündet. Bei einer am Montagabend (Ortszeit) live in Fernsehen und Radio ausgestrahlten Ansprache sagte er, dass der Bau solange unterbrochen werde, wie die Diskussion über das Projekt andauere. Noch vor der Verkündung dieser Entscheidung war am Montag Verteidigungsministerin Cecilia Chacón aus Protest gegen die Aktion der Sicherheitskräfte zurückgetreten.

Die Eskalationen hatten bereits am letzten Sonnabend begonnen. Außenminister David Choquehuanca war am frühen Samstagmorgen zu Verhandlungen in die Ortschaft Chaparina im Tiefland-Departamento Beni gereist, wo sich aktuell der Standort des Protestmarschs in Richtung des Regierungssitzes La Paz befand. Der Protestmarsch von rund 500 Bewohnern des TIPNIS-Gebietes und Sympathisanten zog am letzten Wochenende auf Befürworter des Straßenbauprojekts zu. Diese hatten sich in der Ortschaft Yucumo, zehn Kilometer südlich von Chaparina, gesammelt. Beobachter wie das Landesbüro der Vereinten Nationen befürchteten gewalttätige Zusammenstöße zwischen beiden Lagern.

Außenminister David Choquehuanca und der Minister für soziale Bewegungen, César Navarro, seien dann am Sonnabend von Gegenern des Straßenbaus vier Stunden lang gegen ihren Willen festgehalten worden, berichteten lokale Medien. Die Demonstranten hätten mit den Festgehaltenen als menschlichem Schutzschild eine Polizeisperre durchbrochen. Diese war an einer Brücke errichtet worden, um Straßenbaugegner von Straßenbaubefürwortern zu trennen und einen befürchteten Gewaltausbruch zu verhindern. Beim Durchbruch der Polizeisperre waren laut offiziellen Angaben vier Polizisten verletzt worden, teils durch Schüsse mit Pfeil und Bogen.

Nach seiner Rückkehr in die Hauptstadt La Paz berichtete der unverletzte Außenminister, er habe in einer "sehr schwierigen Situation" vor allem die "unberechenbare" Eskalation zwischen beiden Seiten gefürchtet. Rafael Quispe vom Hochlandindigenen-Verband CONAMAQ dementierte jedoch und sagte, es habe keine Entführung gegeben. Choquehuanca sei mit den Demonstranten freiwillig mitgelaufen.

Polizisten lösten dann am späten Sonntagnachmittag den Protestmarsch gegen das umstrittene Straßenbauprojekt auf. In einer halbstündigen Überraschungsaktion drangen rund 500 Uniformierte in ein provisorisches Zeltlager der Straßenbaugegner ein, das sich nur wenige Meter von einer Polizeisperre in der Ortschaft Chaparina befand. Mit Tränengas und Schlagstöcken bewaffnet zwangen sie die TIPNIS-Demonstranten in bereitstehende Reisebusse zu steigen und in das nahegelegene San Borge zu fahren. Vor dort aus sollen sie in ihre Heimatdörfer zurückkehren.

Unter Frauen und Kindern sei sofort Panik ausgebrochen, berichteten Augenzeugen. Eine unbekannte Personenzahl sei in den Wald geflohen, darunter Alejandro Almaraz, ehemaliger Minister für Landfragen der Morales-Regierung sowie die Protestmarsch-Organisatoren Adolfo Chávez vom Indigenen-Verband CIDOB und Rafael Quispe vom Indigenenbund CONAMAQ. In einem Telefon-Gespräch mit dem katholischen Radiosender ERBOL verurteilte Almaraz die "Brutalität der Morales-Regierung". Dennoch werde "der 8. Große Indigene Marsch nicht aufhören", man werde sich im Wald sammeln und weiter in Richtung Regierungssitz La Paz laufen. Der am Sonntagabend von regierungskritischen Medien vermeldete Tod eines zwei Monate alten Säuglings konnte bisher nicht bestätigt werden. Auch Angaben über Verhaftungen sind noch unklar.

Morales wandte sich umgehend gegen den Polizeieinsatz und nannte ihn "unverzeihlich". Die Vorgänge nahe der Ortschaft Yucumo sollen unverzüglich von einer internationalen Kommission untersucht werden. Am vergangenen Dienstag wandte sich die bolivianische Regierung deswegen offiziell an die UNO, die an der Aufklärung der Polizeiaktion beteiligt werden soll. Dabei solle nach Angaben von Präsidentschaftsminister Carlos Romero insbesondere aufgeklärt werden, wer für das brutale Vorgehen der Polizei verantwortlich war. Neben der Aktion gegen die oppositionellen Indigenen, wurde am Sonntag gleichzeitig von der Polizei offenbar ohne größeren Widerstand und Gewalteinsatz eine weitere Aktion indigener Siedler zur Unterstützung des Straßenbaus aufgelöst. Boliviens Staatspräsident Evo Morales ist bestrebt, den Konflikt mit den TIPNIS-Bewohnern friedlich zu lösen. Ende letzter Woche hatte er bereits die Durchführung von Konsultationen gemäß "nationaler und internationaler Normen" mit den vom Straßenbau Betroffenen angekündigt. Und er erweiterte diesen Vorschlag inzwischen auf die Durchführung eine Volksabstimmung.

In Boliviens Regierungssitz La Paz zogen derweil am Montag (26.9.) bis zu 1.000 Menschen zum Präsidentenpalast, um für die Respektierung der Rechte der Indigenen zu demonstrieren. Eine Augenzeugin, die an der Demonstration teilnahm, beschrieb gegenüber amerika21.de die Stimmung vor Ort als gespalten. Viele Anhänger des Präsidenten könnten nicht verstehen, warum der Marsch nicht fortgesetzt werden dürfe. Andere gingen weiterhin davon aus, dass es keine Alternative zum Straßenbau gebe. Am gestrigen Mittwoch hatte der Gewerkschaftsdachverband COB zu landesweiten Protesten gegen die Polizeiaktion aufgerufen.

Rodolfo Machaca, Präsident der regierungsnahen Bauernvereinigung CSUTCB beschuldigte die TIPNIS-Demonstranten, sich von Ex-Ministern der Regierung von Evo Morales und früherer Regierungen benutzen zu lassen. Sie sollten an die Region denken, die wegen fehlender Straßenanbindung seit langem zurückgeblieben ist, so Machaca und sich nicht "von Interessen von Ex-Ministern und Abweichlern, Multis, Stiftungen und Nichtregierungs-Organisationen mitreißen lassen". Regierungsminister Sacha Llorenti erklärte am letzten Sonnabend, es gäbe "Personen, die eine Eskalation politisch ausnutzen wollten".

Dass diese Ansätze einer Einmischungs- und Destabilisierungspolitik gegen Bolivien nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigen die Aktivitäten einiger Hintermänner des Protestes gegen den Straßenbauplan der Regierung.

Mitte der Woche war bekannt geworden, dass das Anwaltsbüro Aparicio, Arp & Associates des in die USA geflüchteten Ex-Ministers und Botschafters Jaime Aparicio Otero der 2003 gestürzten Regierung Sánchez de Lozadas eine Protestnote der Demonstranten an die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (CIDH) verfasst hatte. Laut eigenen Angaben vertritt die Kanzlei mit Sitz in Washington die indigenen Völker Mojeño, Chimán und Yuracaré in juristischen und humanitären Angelegenheiten vor der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). "Jegliche Verbindung mit einer politischen oder ideologischen Strömung oder Interessengruppe" wies das Anwaltsbüro in einer Presseerklärung von sich. Den Brief im Namen des Verbandes der Tiefland-Indigenen CIDOB habe man "pro bono" kostenlos verfasst. Die Indigenen seien in einer "prekären Sicherheitssituation" und "bedroht", so die Anwälte gegenüber der Nachrichtenagentur ANF.

Für die neoliberale Lozada-Regierung Boliviens war Jaime Aparicio Otero von 1993 bis 1997 Vizeminister für Auslandsbeziehungen. In dieser Zeit machte sich der Jurist für den Abschluss eines Freihandelsvertrages zwischen Bolivien und den USA stark. Als Gegenleistung wurde das Andenland in das Milliarden-Entwicklungshilfe-Programm Millennium Challenge Account aufgenommen worden, woraus es wegen des sich anbahnenden Wahlsieges der heute regierenden 'Bewegung zum Sozialismus' (MAS) im Jahre 2004 postwendend ausgeschlossen wurde. Seit der gewaltsamen Auflösung sozialer Proteste im Oktober 2003 mit 68 Toten und über 400 Verletzten leben die geflüchteten Politiker de Lozada, sein Verteidigungsminister Carlos Sánchez und Wirtschaftsminister Jorge Berindoague im sicheren US-Exil. Aparicio Otero schreibt regelmäßig auf Anti-Regierungswebseiten gegen die Linksregierung von Evo Morales. Diese Kräfte finanzieren sich unter anderem aus US-Geldern und unterstützen die rechtskonservative Autonomie-Bewegung im Tiefland publizistisch.

s.a. -> Der TIPNIS-Konflikt

Text: B. Beutler u.a.  /  Quelle: Lateinamerikaportal amerika21.de

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