Europa

Syrien Salafist-Protest 04.2012 FreedomHouse21.04.2013: In der vergangenen zwei Jahren war die türkische Stadt Istanbul mehrfach Tagungsort für politische Treffen der Kräfte, die das säkulare syrische Regime unter Führung des Präsidenten Basher al-Assad unter allen Umständen stürzen wollen. In vergangenen März aber trafen sich dort demonstrativ erstmals antiimperialistische Gegenkräfte zu einer Konferenz, um sich über eine linke alternative Politik zum Syrienkonflikt zu verständigen. Dieses Treffen beweist auch, wie richtig und wichtig die Mitarbeit von Kommunistischen Parteien in der Partei der Europäischen Linken (EL) ist.

Denn die keineswegs selbstverständlichen Orientierungen und Ergebnisse der von dieser Partei organisierten Konferenz müssen zum Einen aus kommunistischer Sicht als überaus richtig gewertet werden. Und - sie sind unzweifelhaft auf den Einfluss und das Mitwirken kommunistischer Organisationen und Parteien in der EL zurück zu führen. Dies zeigt, dass jede Haltung der Weigerung kommunistischer Mit- und Bündnisarbeit in der EL bedeutet, es dort dem Zufall und dem Einfluss anderer Kräfte zu überlassen, wie und welche Positionen man zu diesem weltpolitisch so bedeutenden antiimperialistischen Kampfplatz sich in der EL durchsetzen lässt. Was sollte daran vorwärts weisend sein ... ?

Nachstehend ein ausführlicher Bericht über die Istanbuler Konferenz der EL zum Syrienkonflikt:

Besorgt über die Gefahr einer drohenden Militärintervention in Syrien und die Notwendigkeit einer dringenden Antwort der Linken, hat die 'Partei der Europäischen Linken' zusammen mit der türkischen Partei 'Freiheit und Solidarität' ein zweitägiges Seminar zur Erörterung von Alternativen in Istanbul organisiert. Der Titel lautete: "Syrien, imperialistische Intervention und Frieden. Ist es möglich, dazu eine linke Alternative zu schaffen?” Das Ergebnis war ein JA, und dass eine Alternative nicht nur möglich, sondern entscheidend ist.

Das syrische Volk wünscht den Frieden. Es ist eine dringende Veränderung notwendig, die den Konflikt beendet, der bereits 70.000 Tote und 30.000 Vermisste erzeugt und eineinhalb Millionen der Einwohner vertrieben hat, wie die Vereinten Nationen angeben. Das sind fast 10% der Bevölkerung.

Alle Teilnehmer [der Konferenz] wiesen in die gleiche Richtung: allein das syrische Volk soll über seine Zukunft entscheiden, und alle Parteien müssen an den Verhandlungstisch.

Unter den Sprechern auf den Arbeitstreffen befanden sich Akademiker, Politiker und Aktivisten in sozialen Bewegungen, die für Frieden in Syrien arbeiten. Die Stimmen aus Syrien und der Türkei wurden durch Analysen aus Frankreich und dem Vereinigten Königreich begleitet. Alle forderten entschieden die Beendigung der ökonomischen und militärischen Einmischung fremder Mächte in diesem Konflikt und den Abzug aller ausländischen Kräfte als ein vorrangiger und absolut notwendiger Schritt zur Einleitung eines friedlichen Übergangs.

Sie warnten ebenso vor der 'Libanisierung' der Region und der Aufteilung des Nahen Ostens, wie man dies bereits in Jugoslawien, im Irak und in Afghanistan machte.

Und sie wiesen darauf hin, dass die Angst vor den Folgen eines Vorankommens des Islams im großen Ausmaß – mit dem vollständigen zu erwartenden Rückschritt für die sozialen Rechte, die Säkularisierung, die Rechte der Frauen und das achtungsvolle Zusammenleben ethnischen Gruppen, Religionen und Kulturen – die Unterstützung für das Regime von Basher al-Assad gegen die Folgen eines salafistischen Regimes hat anwachsen lassen.

Das Datum der Konferenz am 16./17. März fiel mit Demonstrationen in vielen Ländern in aller Welt zusammen, die an den 10. Jahrestag der Invasion des Iraks und die Zerstörung dieses Landes erinnerten. Nach dem Irak traf es dann Afghanistan, vor nicht langer Zeit Libyen und nun ist Syrien das Auge des Hurrikans. Die Pläne, die Interessen und die internationalen, diesen Konflikt bezahlenden Akteure (Saudi-Arabien, Katar, die USA, Frankreich, Groß-Britannien ...) sowie die in dem Land verursachten Folgen wiederholen sich.

Doch wurde dargelegt, dass im Unterschied zu dem, was im Irak geschah, als Millionen von Menschen in aller Welt ihre Stimme gegen die imperialistische Invasion erhoben, sich heute nur wenige Menschen gegen die Einmischung in Syrien erheben. Zehn Jahre vergingen und die Propaganda und die Manipulation der Medien wurde perfektioniert: heute werden die imperialistischen Einmischungen mit dem Anstrich "humanitäre Einmischung" getarnt.

Es wurde dargelegt, dass die das irakische Volk verteidigenden Menschen das undemokratische oder tyrannische Profil von Saddam Hussein nicht in den Vordergrund stellten, so wie sie es später mit Gaddafi und nunmehr mit Basher al-Assad tun. Das Ergebnis ist, so unsere Diskussion, dass es heute Leute auf der Linken gibt, die sich nicht entscheiden, die in einer Position des 'Weder-Noch' - weder al-Assad noch die 'Rebellen' – verharren oder die humanitäre Intervention als das kleinere Übel hinnehmen. Dies alles war einer der Gründe, warum die Partei der Europäischen Linken dieses internationale Seminar durchführte.

Anais Jouden von der Organisation 'Einen neuen Staat Syrien aufbauen' und direkt aus Damaskus kommend brachte seine Enttäuschung zum Ausdruck, dass heute die Mitte-Links- und die Mitte-Rechts-Kräfte Europas in der gleichen Weise agieren.
In diesem Kontext forderte Sebahat Tuncel aus der Türkei, kurdisches Parlamentsmitglied der 'Partei für Frieden und Demokratie' (BDP) von der Linken und den Sozialisten eine aktivere Rolle, "nicht nur als Beobachter; wir müssen Organisatoren und die Vorhut einer Neugestaltung des Nahen Ostens sein. Und darum müssen wir vereint sein und Seite an Seite arbeiten".

Viele Themen wurden in den Debatten angesprochen: von der Notwendigkeit, den Imperialismus genauer zu bestimmen, hin zur Fragestellung, ob arabische 'Revolutionen' auch konterrevolutionär sein können, und warum wir den Ausdruck 'Freie Syrische Armee' hinnehmen, anstatt zu analysieren, wer denn eigentlich die Armee bildet.

Der Konflikt wurde aus historischer und geopolitischer Sicht, hinsichtlich der strategischen Ressourcen des Landes und der Region und sozialer, multikultureller und humanitärer Fragestellungen analysiert.

Alan Billon von der Partei der Europäischen Linken und der französischen 'Front de Gauche' (Linksfront) legte eine sorgfältige Darstellung imperialistischer Interventionen von der Kolonialzeit bis zum 'Arabischen Frühling' vor. Er sprach über die neokoloniale Rolle, die Frankreich spielt – zunächst mit Sarkozy, und nun mit Hollande in den gleichen Fußstapfen – und hob heraus, dass es immer mehr Tote geben wird, wenn noch weiter und mehr Waffen ins Spiel gebracht würden. Indem er die chaotische Lage in der Sahelzone und der Sahara als Beispiel nahm, stellte er heraus, dass Letzteres keine Lösung sei.

Für die Partei der Europäischen Linken sagte Billon, dass die internationalistische Politik der alternativen Linken sich auf Frieden, Säkularismus und Einigkeit als Alternative im Kampf gegen Imperialismus und Fundamentalismus gründe. "Wir haben den gleichen Feind – Globalisierung und Kapitalismus. Die Bedingungen in den einzelnen Ländern sind unterschiedlich, aber die Probleme sind die gleichen. Wenn wir – der Norden und der Süden des Mittelmeeres - nicht zusammen kämpfen, werden wir keine Lösung bekommen."

Anas Joudeh sprach über die politische Lage in seinem Heimatland Syrien und warum es dort keine kulturelle Basis für eine zivile Revolution gäbe. Er erklärte, dass die inländische Opposition heute sehr schwach sei, weil es "während vierzig Jahren diktatorischer Herrschaft dort weder politische Parteien noch politisches Leben gab". Und als die Proteste mit dem Rufen nach Freiheit und Demokratie begannen, brachen sie leicht in sich zusammen, weil sie nicht organisiert waren, sodass "unter anderen, Saudi-Arabien und die Türkei aus der Situation für sich Nutzen schlagen konnten". Er verurteilte die Tatsache, dass versucht wird, das Schicksal Syriens von außerhalb des Landes zu bestimmen. Eine positive Seite sei, so stellte Joudeh heraus, dass sich nunmehr ein soziales Netz von Jugendlichen, Parlamentariern, Ökonomen, Lehrern, u.a. zu organisieren beginne.

Der syrische Parlamentarier erläuterte zudem die Entwicklung der Erwartungen der inländischen Opposition. "Zu Beginn wünschten wir das ganze Regime und seine Symbolfigur, Präsident al-Assad, zu beseitigen. Aber worum es heute wirklich geht, ist Demokratie in Syrien. Ich habe niemals gedacht, dass ich so weit käme, das zu sagen: heute sollte al-Assad an der Macht bleiben, denn er baut eine neue Armee auf und die Menschen stehen zu ihm." Er fügte hinzu, dass es gegenwärtig daran mangle, die Bürger und die jungen Menschen zu aktivieren und dass es erforderlich sei, neue Regierungsstrukturen, eine neue Verfassung und ein neues politisches System zu schaffen. Er erklärte, dass die Rebellen ihre Waffen niederlegen müssten, und dass es die Rolle des Volkes und der demokratischen Kräfte [des Landes] sei, die Türen zur Demokratie zu öffnen: "Wir müssen eine zivile Revolution angehen."

Nesreen Hasan, eine syrische Lehrerin, arbeitet derzeit daran, Frauen und Kindern zu vermitteln, sich selbst zu organisieren, ihre Rechte zu verteidigen und zu verhindern, dass sie ausgebeutet und missbraucht werden. Sie sprach im Namen der 'Vereinigung Syrischer Frauen für den Frieden'. Sie erläuterte, wie sich das allgemeine Leiden in den Frauen noch vervielfacht, da sie zusätzlich zum Verlust ihrer Söhne, Ehemänner und Väter eine harte ökonomische und soziale Lage durchleiden. Sie verwies zudem darauf, wie Frauen auch Opfer der Gewalt in den Flüchtlingslagern, von ungewollten Schwangerschaften und der Märkte der Prostitution sind.

Nesreen betonte die Notwendigkeit, an der Aktivierung der Frauen zu arbeiten: "Wir müssen bereit sein, an der Politik teilzunehmen und in den Veränderungsprozessen des Landes zu arbeiten." Weiter sprach sie für ein baldigst notwendiges Ende der Gewalt, denn wenn die Lage im Lande sich so weiter fortentwickle wie bisher, wird es in einem ethnischen und sektiererischen Krieg enden, der sich als gnadenlos erweisen könnte.
 
Auch der Schauplatz der Konferenz war für die Debatten bestimmend. Die Türkei mit ihrer gemeinsamen Grenze ist im Konflikt sehr aktiv: sie hilft den bewaffneten Rebellen, die von die Demokratie so wenig achtenden Ländern wie Saudi-Arabien und Katar organisiert und unterhalten werden, militärisch und finanziell.

Die Türkei bereichert sich auch im Konflikt. Sie kauft Waffen in den Golf-Staaten und verkauft sie an die sogenannte 'Freie Syrische Armee' zum doppelten Preis. Dies brandmarkte der kurdische Aktivist Alan Semo, der zudem erläuterte, wie die kurdische Bevölkerung im Norden Syriens eine demokratische und säkulare Regierung genossen hat und wie das syrische Volk im ganzen Land das gleichermaßen haben könne.

Konferenzteilnehmer beschuldigten die türkische Regierung von Erdogan, dass sie Geld abzweige, welches für humanitäre Hilfe in den 17 Flüchtlingslagern im Lande bestimmt ist, um die bewaffneten Kräfte zu finanzieren, die Krieg gegen die Regierung von al-Assad führen. Es wurde genau beschrieben, dass es schon im Februar 2012 etwa 70.000 in Syrien gegen das Assad-Regime kämpfende militante Salafisten gab, von denen 3.000 aus der Türkei stammten. Dabei wurde daran erinnert, dass einige Flüchtlingslager in der Türkei bereit vor Ausbruch der Krise in Syrien gebaut wurden, denn in ihnen wurden Ausländer ausgebildet, die der 'freien Syrischen Armee' beitraten.  Aus diesen Gründen war einer der drei Sitzungsstränge des Arbeitstreffens der Analyse der Außenpolitik der an der Macht sich befindenden AKP gewidmet.

Die verschiedenen Sprecher der Partei 'Freiheit und Solidarität' ebenso wie die sich in die  Konferenz einbringenden türkischen Wissenschaftler und Journalisten beschuldigten die türkische Regierung des Verfolgens imperialistischer Träume einer Regionalmacht, indem sie einen Krieg gegen ein Volk betreibt, das die gleichen kulturellen, ethnischen und religiösen Wurzeln hat.

Darum forderten die Sprecher Erdogan auf, seine Einmischung im Nachbarland zu beenden und seine Außenpolitik radikal zu ändern, damit das syrische Volk frei und ohne Einmischung über seine Zukunft entscheiden kann.

Die Konferenz der 'Partei der Europäischen Linken' in Istanbul endete mit einer Erklärung, die zum vollständigen Rückzug aller das Land bedrängenden militärischen Kräfte aufrief, um allein dem syrischen Volk die Entscheidung über seine Zukunft zu überlassen und einen Prozess der friedlichen und demokratischen Veränderung einleiten zu können.

Text: hth  /  Quelle: EL  /  Foto: Freedomhouse (Salafisten-Demo im Nordlibanon)

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

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Farkha-Festival 2024 abgesagt.
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