Internationales

alt14.03.2011:  Entgegen den in unserer Presse verbreiteten Eindrücken, hat die Arabische Liga (AL) auf ihrem Treffen am letzten Samstag in Kairo keineswegs einheitlich die Forderung nach Durchsetzung eines Flugverbotes in Libyen gegen die regierungstreuen Streitkräfte durch die NATO erhoben. Schon Tage vor dem Treffen hatte Syrien vehement die Achtung der territorialen Integrität und der Souveränität Libyens durch alle anderen Staaten und überstaatlichen Organisationen gefordert. Offenbar jedoch haben sich in der Arabischen Liga die mit den USA (und Teilen der EU) kollaborierenden Staaten vordergründig durchgesetzt. Inzwischen bekräftigte Syrien seine Haltung hinsichtlich des Eingreifens ausländischer Mächte in Libyen.

Der ständige Vertreter Syriens in der Arabischen Liga, Yousef Ahmad, wies am letzten Samstag darauf hin, dass jede von der Liga angenommene Resolution praktikabel, klar und deutlich und in einer Art und Weise, die keine Zweideutigkeit offen lasse, die absolute Zurückweisung jeder ausländischen Militärintervention in Libyen unter dem Vorwand des Schutzes des libyschen Volkes berücksichtigen müsse. In einer Rede vor dem Treffen der arabischen Außenminister in Kairo über die aktuelle Lage in Libyen sagte Ahmad:

"Jede derartige Intervention ist eine Verletzung der Libyschen Souveränität, seiner Unabhängigkeit und territorialen Integrität. Sie widerspricht der Charta der Liga der Arabischen Staaten und den Grundsätzen internationalen Rechtes. Vor der Annahme irgendeiner Resolution über die Errichtung einer Flugverbotszone über Libyen ist der Rat der Arabischen Liga aufgefordert, klare Aussagen sowohl zu treffen hinsichtlich einer deutlichen Betonung der Achtung von Libyens Souveränität, Unabhängigkeit und Einheit, als auch zur Sicherung des Lebens von Zivilisten und zur Beendigung von Gewalt gegen das libysche Volk, um durch Hinwendung zu Klugheit und Gesprächen deren Erwartungen zu entsprechen.

Was in Libyen derzeit geschieht, ist eine nationale Angelegenheit. Es ist zugleich eine arabische Angelegenheit, die uns dazu auffordert, eine klare Vorstellung der Rolle eines arabischen Helfers zu entwerfen, um dem libyschen Volk bei der Wahrnehmung seiner Optionen zu helfen, das Blutvergießen zu beenden, jegliche ausländische Intervention zu verhindern und die Bedrohung dieses arabischen Landes durch eine Spaltung oder durch einen Bürgerkrieg abzuwenden."

Yousef Ahmad forderte einen rein arabischen Plan auf der Basis von gesamt-arabischen Interessen zur Bewältigung der libyschen Krise durch politische Initiativen und nicht lediglich durch das Verhängen einer Luftsperre über Libyen. Das müsse auf eine Weise erfolgen, dass keine arabische Resolution über die Durchsetzung einer Luftsperre bloß die Einleitung einer ausländischen Intervention und der Spaltung des Landes unter dem Vorwand von de-facto Umständen wäre. Botschafter Ahmad warnte davor, dass jegliche Entscheidung des Rates der Arabischen Liga zur Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen lediglich zu einem rechtlichen Werkzeug und einem rechtlichen Deckmantel der nächsten Zukunft werde, um Libyen  – gestützt auf eine Resolution der NATO oder des UN-Sicherheitsrates – militärisch anzugreifen oder sich dort einzumischen.

Ahmad betonte die Wichtigkeit, dass jede Entscheidung des Rates der AL eine klare und eindeutige Zurückweisung jeglicher militärischer Intervention in Libyen und von jeglicher Mitwirkung  internationaler Mächte an der Errichtung einer Flugverbotszone enthalten müsse. Und er erinnerte daran, "dass unsere Erfahrungen als Araber mit den internationalen Mächten und den UN seit Beginn der Konflikte in Palästina, Irak, Sudan, Libanon und im arabisch-israelischen Konflikt durchwegs negative Erfahrungen waren, in allen Einzelpunkten und Auswirkungen."

Der syrische Botschafter schloss seine Anmerkungen vor der Konferenz der Außenminister der Arabischen Liga am letzten Sonnabend mit Forderung: "Syrien bekräftigt, dass jegliche Entscheidung des Rates der AL zur Erlangung einer einstimmigen Annahme klare und eindeutige Garantien einer vollständigen Zurückweisung aller Formen ausländischer Einmischung in Libyen ebenso beinhalten muss, wie die Verpflichtung auf die nationale Einheit und territoriale Unversehrtheit von Libyen und seinem Volk und die Notwendigkeit eines Schutzes der libyschen Bürger gegen die Luftangriffe, denen sie ausgesetzt sind." Die AL dürfe keine ausländische Intervention in Libyen akzeptieren oder einen Deckmantel dazu liefern, sie dürfe auch nicht Teil einer solchen Politik sein.

Nach der Abstimmung erklärte Botschafter Yousef Ahmad, dass Syrien die Resolution der AL nicht unterstützt, da sie nicht alle Formen ausländischer Einmischung in Libyens innere Angelegenheiten unter Bezug auf Libyens territoriale Integrität, Souveränität und Unabhängigkeit zurückweise. Mit Hinweis auf die Position Syriens forderten nachfolgend der algerische Außenminister und die Leitung der mauretanischen Delegation, die Ablehnung des Inhaltes der verabschiedeten Resolution als Standpunkt ihrer Länder festzuhalten. Die Resolution habe den Anmerkungen und der Besorgnis, welche die Delegationen von Algerien und Mauretanien in der ersten Sitzung ausgedrückt hatten, nicht entsprochen.

Die von der Mehrheit der AL verabschiedete Resolution erklärt und fordert u.a.:

  • Der UN-Sicherheitsrat möge seine Verantwortung hinsichtlich der Verschlechterung der Lage in Libyen wahrnehmen und angemessene Maßnahmen zur Errichtung einer Flugverbotszone über Libyen ergreifen; an Orten, welche Bombardements ausgesetzt sind und als Vorsorgemaßnahmen zum Schutz des libyschen Volkes und der Bewohner Libyens aus verschiedenen Ländern, möge er Sicherheitsgebiete einrichten; dabei sollen die regionale Sicherheit und die Souveränität der Nachbarländer berücksichtigt werden.
  • Zusammenarbeit und Abstimmung mit dem Libyschen Nationalen Übergangsrat und Bereitstellung von sofortiger und anhaltender Hilfe und von Schutz der Libyer angesichts ernster Gewalt und Verbrechen, welche von den libyschen Behörden begangen wurden.
  • Erneuter Aufruf an die Mitglieder (der AL), befreundeten Länder, internationale Organisationen und die arabische und internationale Zivilgesellschaft, dem libyschen Volk dringend benötigte humanitäre Hilfe zu liefern und es in dieser kritischen Situation mit allen Mittels zu unterstützen. Vielen Dank an die Länder, die solche Hilfe gewähren und bei der Evakuierung arabischer Bürger  mitwirken, die Libyen verlassen wollen.
  • Fortsetzung der Zusammenarbeit bzgl. der Lage in Libyen mit den UN, der Afrikanischen Union, der Organisation der Islamischen Konferenz und der Europäischen Union.


Ein Programm des verkappten Kriegsaufrufs! Denn dass eine Flugverbotszone 'Krieg gegen Libyen' bedeutet, hat schon US-Kriegsminister Robert M. Gates unmissverständlich ausgesprochen. Und nicht nur Vertreter der Friedensbewegung haben immer wieder darauf hingewiesen, dass Flugverbotszonen keine bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in einem Lande beenden können. Sie sind nur der erste Schritt, dem dann aus 'humanitären Gründen' die nächsten folgen müssen. Es ist bezeichnend, dass gerade die (reaktionären) Länder der arabischen Liga, die sowieso schon in den Gefolgschaft der USA und der westlichen Imperien stehen, die Kriegsflagge über Libyen entfalten helfen.

Der starke Verdacht drängt sich auf, dass die gegen Syrien, Algerien und Mauretanien verabschiedete Resolution der Arabischen Liga noch von ganz anderen Drahtziehern gesteuert wurde, als es die sichtbare Optik erscheinen lässt ... 

Text: hth  /  Quelle: Syrian Arab News Agency  /  Foto: AlMustashriqa