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alt12.03.2011:  „In den nächsten fünf Jahren wird China die großen staatseigenen Unternehmen (SOE) noch stärker fördern und so umstrukturieren, dass sie zu exzellenten Unternehmen werden, die international wettbewerbsfähig sind," teilte Shao Ning, der stellvertretende Direktor der 'Kommission für Verwaltung und Kontrolle des Staatsvermögens' (SASAC) am 22. Februar dieses Jahres auf einer Pressekonferenz mit. Die Kommission, die den Staatsbetrieben Investitionsgelder zuteilt, setzt in den ihr unterstellten Firmen nun auf eine raschere Verbesserung des Managements, die Anpassung an die Erfordernisse eines veränderten Wirtschaftsmodells und den Aufbau moderner Betriebsstrukturen.

Chinas Staatsbetriebe spielen eine bedeutende und in vielen Bereichen beherrschende Rolle im Wirtschaftsleben des Landes. Große Infrastrukturprojekte wie die Qinghai-Tibet Eisenbahn, das Drei-Schluchten-Staudammprojekt, Überlandleitungen und Gaspipelines von Westen nach Osten, Wasserleitungen von Süden nach Norden wurden alle von großen Staatsbetrieben durchgeführt. Shao Ning sagte, dass beim Umbau der Wirtschaftsstruktur – weg von der Fertigungsindustrie hin zur Hochtechnologie –  die großen Staatsbetriebe eine zentrale Rolle spielen.

Schon heute zählen einige chinesische Staatsbetriebe zu den überaus erfolgreichen 'Global Playern': 2010 fanden sich 30 chinesische Staatsbetriebe auf der Fortune Global 500, der Liste der 500 größten Unternehmen der Welt. Dies waren zwanzig mehr als noch 2005. Sinopec, State Grid und PetroChina rangieren sogar unter den Top 10.

Als im Jahr 2003 die SASAC gegründet wird, gibt es 196 Staatsbetriebe unter direkter Verwaltung der Zentralregierung. Nach verschiedenen Fusionen und Umstrukturierungen sank deren Zahl auf 121. In fast allen Bereichen der Wirtschaft sind Staatsbetriebe engagiert, viele Unternehmen haben eine Monopolstellung in ihren Branchen.

Nach Angaben der Kommission betrug im Jahr 2010 das Gesamtvermögen der staatseigenen Unternehmen 24,4 Billionen Yuan, mehr als 60 Prozent von Chinas Bruttoinlandsprodukt. Von 2006 bis 2010 haben diese Unternehmen Steuern in Höhe von fünf Billionen Yuan bezahlt. In der Vergangenheit wurden die Gewinne (nach Steuern) weitgehend zur Modernisierung und zur Erweiterung der SOEs verwendet, im Jahre 2010 waren das immerhin 849 Milliarden Yuan und 40% mehr als im Jahr zuvor. Nur etwa 5% dieser Gewinne wurden als Dividende an den Staat abgegeben. Mittlerweile ist eine Anhebung der Gewinnabschöpfung auf 15% in Vorbereitung und Durchführung, damit Staat und Gesellschaft vermehrt Nutzen aus der positiven Entwicklung der großen Staatunternehmen ziehen können. Diskussionen zu einer Anhebung der Gewinnabgabe an den Staat bis zu 40% werden geführt. Die SOEs gehören zudem zu den wichtigsten Beitragszahlern für die Sozialversicherungsfonds, bis Ende 2009 sind 156,1 Milliarden Yuan  in Form von Aktienpaketen staatseigener Firmen dem Sozialversicherungsfonds übertragen worden, dies macht 41% der Einlagen des Sozialversicherungsfonds aus.

„Die Staatsbetriebe haben einen bedeutenden Beitrag zu Chinas Wirtschaft und Gesellschaft geleistet, vor allem die Unternehmen im Energie- und Agrarbereich, aber auch im Transportwesen. Sie haben durch ihr verantwortliches Handeln sehr zu einer stabilen und raschen Entwicklung der Volkswirtschaft beigetragen", sagte Shao Ning. Die Innovationsfähigkeit der Staatsbetriebe zu stärken – diese Forderung wird von der chinesischen Regierung seit zwei Jahren erhoben. Shao Ning ergänzte, dass die Fähigkeit zur Innovation inzwischen deutlich erhöht worden sei und der Fokus der Betriebe nun auf Forschung und Entwicklung läge: Die Aufwendungen in diesem Bereich seien zwischen 2006 bis 2009 jedes Jahr um 28,5 Prozent gestiegen und machten mittlerweile 2,1 Prozent des Umsatzes aus.

Bis Ende 2009 verfügten die großen Staatsbetriebe über insgesamt 76.138 Patente, davon 21.266 für Erfindungen. 46,2 Prozent der wichtigsten Forschungslabore Chinas gehören staatseigenen Unternehmen. Die weltweit schnellsten Triebwagenzüge und der Probebetrieb der ersten Ultrahochspannungsleitungen sowie Projekte zur direkten Kohleverflüssigung sind alle von Staatsbetrieben entwickelt und realisiert worden.

Nach Shao Ning sei die rasche Entwicklung der großen Staatsbetriebe der vor über zwanzig Jahren einsetzenden Reform des staatlichen Wirtschaftssektors zu verdanken.

Zuvor waren die Staatsbetriebe Bestandteil der herrschenden administrativen Planwirtschaft. Ihre Struktur, ihr Management, ihre politische Ausrichtung und ihr Personalwesen waren von jeglicher marktwirtschaftlicher Konkurrenzsituation ausgenommen. "Der Umbau eines so riesigen Wirtschaftskomplexes ist nur in einem langwierigen Prozess möglich. Wir befinden uns erst gut zwanzig Jahre nach dem Beginn der Reform der Staatsbetriebe und haben noch einen weiten Weg vor uns", meinte Shao Ning.

Bislang seien fünf Hauptprobleme gelöst worden:

Erstens hat sich die Struktur der staatseigenen Wirtschaft wesentlich verändert, mittelständische Betriebe finden sich kaum noch unter ihnen. Zweitens sei die Beziehung zwischen staatseigenen Betrieben und der Regierung vollkommen anders als früher. Die Regierung ist für die Betriebe in finanzieller Hinsicht nicht länger verantwortlich. Sie sind nun gezwungen, sich als selbständige Wirtschaftseinheiten auf dem Markt zu behaupten. Mittlerweile werden 52,88 Prozent des Gesamtvermögens, 68,05 Prozent des Nettovermögens und 59,65 Prozent der Umsätze aller Staatsbetriebe von Unternehmen generiert, die börsennotiert sind. Drittens sei ein System etabliert worden, dass den Erfolg konkurrenzfähiger Betriebe und die Schließung ineffizienter Betriebe ermöglicht. Viertens sei ein Kontrollsystem für die Aufsicht über das Staatsvermögen eingerichtet worden. Fünftens sei an die Stelle von Schlendrian und Gleichmacherei ein System des Forderns und Förderns getreten, in dem den Arbeitnehmern leistungsorientierte finanzielle Anreize geboten würden. "Ohne marktorientierte Reformen hätten die staatseigene Betriebe nicht überleben können, von einer gedeihlichen Entwicklung ganz zu schweigen", sagt Shao Ning.

Die Kernfrage für die weitere Reform der großen Staatsbetriebe ist laut Shao die Integration dieser Betriebe in die Marktwirtschaft: "Die Zielrichtung ist klar: Diversifikation der Betriebe, Marktkapitalisierung und Kapitalisierung von Staatsvermögen."

"Orientiert am Endziel, nämlich exzellente Unternehmen mit internationaler Konkurrenzfähigkeit zu werden, sollten die großen Staatsbetriebe in den nächsten fünf Jahren folgende Strategien verfolgen: die Strategie von Transformation und Ausbau, die Strategie wissenschaftlicher und technischer Innovation, die Strategie der Schaffung eines Managements nach internationalem Standard, die Strategie der Einstellung von talentiertem Nachwuchs und die Strategie einer harmonischer Entwicklung", sagt Shao.

Die Strategie von Transformation und Ausbau weist darauf hin, dass sich eine positive Entwicklung der großen Staatsbetriebe ohne wissenschaftlichen und technischen Fortschritt, die Erhöhung der Arbeitsleistung und die Einführung moderner Managementmethoden nicht verwirklichen lässt. Staatliche Betriebe sollen weiterhin massiert in Schlüsselindustrien tätig sein. Sich am oberen Ende der Wertschöpfungskette in strategischen Feldern anzusiedeln, ist eine wichtige Zielvorgabe. Die Besitzverhältnisse sollen durch eine Reform des Aktienrechts, durch eine Streuung des Aktienbesitzes und Verbriefung von Krediten in Form von Wertpapieren verändert werden.

Die Strategie wissenschaftlicher und technischer Innovation bedeutet, dass die großen Staatsbetriebe ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) ausbauen. Auf der Grundlage innovativer Entwicklungen sollen sie attraktive Produkte herstellen, die als weltbekannte Markenartikel eine hohe Gewinnspanne garantieren. Durch eine globale Unternehmensstrategie soll das Auslandsgeschäft entwickelt und eine Integration in das Weltwirtschaftssystem vollzogen werden. Dazu zählt auch die Strategie der Schaffung eines Managementsystems nach internationalem Standard.

Die Strategie der Einstellung von talentiertem Nachwuchs bedeutet die Ausschöpfung sowohl inländischer als auch ausländischer Personalressourcen. Die Staatsbetriebe sollten in Auswahl, Aus- und Fortbildung ihres Personals vorbildhaft wirken.

Die Strategie einer harmonischen Entwicklung bedeutet, dass Staatsbetriebe nicht allein Gewinnmaximierung im Auge haben sollten, sondern auf der Grundlage eines gesunden Ertrags an der harmonischen Entwicklung von Umwelt und Gesellschaft mitwirken.

Allerdings, so räumt Kommissionsdirektor Shao Ning ein, sei die Verwirklichung solcher Strategien nicht so einfach: "Wir müssen die Unternehmensstruktur weiter verbessern, das Verwaltungs- und Kontrollsystem der staatlichen Vermögensverwaltung ausbauen, und die Betriebsabläufe in den Staatsbetrieben transparenter machen."

In den 1990er Jahren wurden die Staatsunternehmen der VR China in den westlichen bürgerlichen Medien durchgängig verächtlich als "marode" und reif für die Zerschlagung (nach dem Beispiel der DDR-Unternehmen) hingestellt. Mittlerweile ist dieses Gerede verstummt, denn der Weg Chinas zur Stärkung des staatlichen Wirtschaftskerns ist offensichtlich erfolgreich.

Quelle: China Daily, Beijing Rundschau  /  Foto: aur2899

s.a. Informationen zur Eigentumsstruktur der Chin. Industrie im Anhang