Internationales

23.11.2010: Eine Meldung aus Peking lässt aufhorchen. Wie die englischsprachige chinesische Tageszeitung Global Times (17.11.10) berichtet, hielt China Ende September für 883,5 Milliarden Dollar US-Schatzanleihen (Treasuries) in seinem Devisenschatz von 2,6 Billionen Dollar. Wenn man die Zahl mit dem entsprechenden Vorjahresmonat vergleicht, dann hat der bislang größte und zuverlässigste Gläubiger des weltgrößten Staats-Schuldners seit einem Jahr per Saldo keine zusätzlichen US-Schuldtitel mehr gekauft. Im Gegenteil: Die Chinesen haben sogar für 54 Milliarden Dollar US-Staatspapiere abgestoßen. Davor, in den Jahren 2008 und bis Herbst 2009 haben sie für 17 Milliarden Dollar pro Monat dazugekauft.

Über die Motive der Chinesen lässt sich nur rätseln. Zum einen scheint ihnen der Dollar zu unsicher geworden zu sein. Seit Monaten wertet der Greenback ab. Aus Gründen der Risikostreuung schichtet die chinesische Nationalbank ihre Devisenreserven deshalb verstärkt auf Euro und andere Währungen um. Deshalb auch die Schwankungen bei den Beständen im vergangenen Jahr. Zum anderen scheint es eine gewisse Antwort aus Peking zu sein, auf das China-Bashing (Abwatschen), das die US-Administration ebenfalls seit gut einem Jahr in der Frage Yuan-Aufwertung betreibt. China ist inzwischen selbstbewusst genug, um mit den Waffen der Ökonomie zurückzuschlagen.

Die Einstellung der chinesischen Käufe von US-Schatzbriefen wirft ein zusätzliches Licht auf die wundersame Geldvermehrung, die die US-Fed seit einigen Tagen betreibt. Am Tag nach dem G-20-Gipfel setzte sie ihre Ankündigung in die Tat um, und begann mit dem Kauf von 600 Milliarden Schatzanleihen innerhalb des nächsten Halbjahres. Die Maßnahme ist gleichbedeutend mit dem Anwerfen der Gelddruck-Maschine. Die USA stecken aufgrund ihrer horrenden Staatsverschuldung nicht minder in der Kreditklemme, als etwa Griechenland oder Irland. Nur in anderen Dimensionen und Optionen. Sie bedienen ihre Schulden – jährlich werden allein 500 Milliarden Dollar an Zinsen fällig – jetzt mit bunt bedrucktem Papier.  Die Dollarflutung bringt für die USA ohnehin den Vorteil, dass in dem Maße wie der Dollar abwertet, ihre Auslandsschulden sich entwerten. Man stelle sich vor, Griechenland oder Irland würden zum Ausgleich ihrer Defizite perfekt gefälschte Euros unter die Leute bringen. Wie sagten schon die alten Römer: „Quod licet Jovi, non licet bovi“. Frei lateinisch: Dem Mächtigen ist eben alles erlaubt.

Text: fresch  Foto: Global Times

(Das isw e.V. veröffentlicht im Dezember einen ausführlichen report zur wirtschaftlichen Entwicklung Chinas und auch dem Verhältnis China-USA).