Internationales

alt28.09.2010:  Als Irans Staatspräsident Achmadinejad vor wenigen Tagen in seiner Rede auf der UN-Vollversammlung sagte: "Das Ereignis (11.9.2001) wurde durch Teile der US-Regierung zur Hervorrufung einer Wende im  absteigenden  Wirtschaftsverlauf  und zur Vorherrschaft der USA im Nahen Osten und   Rettung des zionistischen Regimes inszeniert. Die Mehrheit der US-Bevölkerung und  Völker und Politiker glauben, dass dies der Fall war"  hatte er den dadurch ausgelöste Eklat mit dem Auszug der us-amerikanischen Vertreter und vieler Vertreter befreundeter Staaten zweifellos bewusst herbeigeführt.

Die offiziellen Vertreter der USA und ihrer Regierung, voran US-Präsident Barack Obama, zeigten sich zutiefst empört und nahmen die Ausführungen als Beweis, dass man Achmadinejad nicht ernst nehmen könne. Obama bewertete die Äußerungen als "hasserfüllt" und "unentschuldbar". Westliche Medien stimmten umgehend in diesen Chor mit ein. Allerdings auch mit Ausnahmen und manchmal mit anderen Tönen. Ein gewisser Unterschied durchaus zu den medialen Reaktionen auf Achmadinejads Rede vor der UN-Vollversammlung vor einem Jahr. So wies etwa die Süddeutsche Zeitung mit einem Bild auf die Aussage des Iraners hin: "Dies ist der Koran und dies die Heilige Schrift. Beide werden von uns geachtet." Dabei hatte er beide religöse Bücher hochgehalten. Und die Welt veröffentlichte einen Tag nach der Rede einen Artikel mit durchaus sachlichen Argumenten "Iran ist nicht an der Atombombe interessiert."

Aber es gab noch mehr Beachtenswertes in der Rede von Achmadinejad. So sagte er noch vor den breit ausgewalzten Thesen und Verschwörungstheorien über die Ursachen des 11.9.2001: "Fast alle Regierungen und namhaften Persönlichkeiten haben dieses Ereignis heftig verurteilt. Die Propagandamaschine setzte sich in Bewegung  und verkündete, dass die Welt einer großen Gefahr namens Terrorismus ausgesetzt ist, und die einzige Rettung in dem Feldzug nach Afghanistan bestünde. Schließlich wurde Afghanistan und bald darauf auch der Irak besetzt. Es hieß, dass am 11. September circa 3000 Menschen ums Leben kamen, was wir alle bedauern, aber in Afghanistan und Irak sind bislang Hunderte Tausend Menschen getötet worden und mehrere Millionen wurden verwundet oder obdachlos und die Konflikte nahmen täglich weiter zu. " Kann man knapper die imperialistische Maschinerie - genannt: Nato-Verteidigungsfall - beschreiben, die die USA nach den Terroranschlägen vom 11.9.2001 in Gang setzten?

Völlig richtig auch die Ausführungen zum Nahost-Konflikt: "Der unterdrückten palästinensischen Nation wird seit 60 Jahren unter der Vorherrschaft eines Besatzerregimes das Recht auf Freiheit, Sicherheit und Souveränität vorenthalten, aber  die Besatzer werden offiziell anerkennt. Täglich werden Häuser über den Köpfen von Frauen und Kindern zerstört und diese Bevölkerung hat in ihrer eigenen Heimat weder Wasser noch Nahrung noch Arzneimittel.  Die Zionisten haben bislang ihren Nachbarn und der palästinensischen Nation fünf breit angelegte Kriege aufgezwungen.

Sie haben im Krieg gegen den Libanon und gegen Gaza die hässlichsten Maßnahmen gegen die wehrlose Bevölkerung ergriffen. Das zionistische Regime greift im Widerspruch zu allen internationalen Bestimmungen ein Schiff mit menschenfreundlichen  Hilfen an und  bringt Zivilpersonen um. Dieses Regime erhält die uneingeschränkte  Unterstützung einiger westlicher Länder. Es bedroht ständig die Länder in der Region und verübt unter vorheriger Ankündigung Terroranschläge auf palästinensische und andere Persönlichkeiten. Aber sie setzen die palästinensischen Verteidiger und die Gegner dieses Regimes unter Druck, indem sie diese  als Terroristen und Anti-Semiten abstempeln.  Alle Werte und sogar das Recht auf freie Meinungsäußerung werden in Europa und den USA zu Füßen des Zionismus geopfert.

Wegen Nicht-Beachtung der Rechte der palästinensischen Bevölkerung sind  alle Lösungswege zum Scheitern verurteilt. Wären wir Zeuge all dieser Verbrechen, wenn von Anfang an nicht die Besatzung  sondern das Souveränitätsrecht  der palästinensischen Bevölkerung offiziell anerkannt worden wäre? Unser klarer Vorschlag lautet: Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimat und Befragung aller Palästinenser zwecks  Verwirklichung der Souveränität und der Bestimmung der Art der Regierung."

Zur Nutzung der Atomenergie führte Achmadinejad aus: "Der NPT-Vertrag gestattet allen Mitgliedern, diese Energie ohne Einschränkung zu nutzen und die Atomenergieagentur ist verpflichtet, die Mitgliedsländer  generell sowie  technisch und rechtlich zu unterstützen. Atombomben sind die  schlimmsten Waffen gegen die Menschheit und müssen  vollständig beseitigt werden. Der NPT-Vertrag verbietet ihre Verbreitung und Lagerung und erklärt  die Abrüstung für notwendig. ... (Mitglieder des UN-Sicherheitsrates) haben behauptet, dass die Atomenergie das gleiche ist wie die Bombe und sie durch Monopolisierung und Druckausübung auf die Atomenergieagentur aus der Reichweite der Mehrheit der Völker gebracht und gleichzeitig die Atombomben in ihrem Besitz bewahrt und verbessert."

Zur grundsätzlichen UN-Politik und zum Umgang der Staaten auf der Erde hieß es u.a.: "Ich gebe offen bekannt, dass es ein unverzeihliches Verbrechen ist, Länder unter  dem Deckmantel aufgezwungener Freiheit und Demokratie  zu besetzen. Die Welt braucht nicht die Logik der Macht, Monopolisierung, des Unilateralismus, Krieges und der Drohung sondern sie braucht die Logik der Freundschaft, Gerechtigkeit und der Mitbeteiligung aller. ... Die Ursache für die Funktionsuntüchtigkeit der UNO ist ihre ungerechte Struktur. Durch das Privileg des Vetos konzentriert sich die eigentliche Macht im UN-Sicherheitsrat und der größte Pfeiler nämlich die Vollversammlung ist an den Rand gedrängt worden. ... Das Vetorecht muss aufgehoben werden und  die Vollversammlung muss der wichtigste Pfeiler und der Generalsekretär der unabhängigste von allen sein ... Alle wissen doch, dass die kapitalistische Ordnung und die hegemonialen Methoden bei der internationalen Administration gescheitert sind und dass nicht nur die Zeit der Sklavenhaltung und des Imperialismus, sondern auch die Zeit der Vorherrschaft auf der Welt  vorüber ist und der Weg zum Wiederaufbau von Imperien abgesperrt wurde."

Aber der iranische Präsident schaffte es gleichzeitig, in seiner Rede leichte Vorwände und starke Barrieren für die Wahrnehmung dieser gerechtfertigten und fortschrittlichen Positionen aufzubauen. Nicht nur die unangemessene und provokative Aufstellung von (durchaus auch in den USA und Westeuropa kolportierten) Verschwörungstheorien zu den Terroranschlägen in New York am 11. September 2001. Will man andere Menschen mit seinen Gedanken und Positionen erreichen, so kommt es neben dem richtigen Inhalt auch auf die angemessene auf den Adressaten gerichtete Sprache an. Achmadinejads Rede war in dieser Hinsicht vor allem durch die religiösen Ausschmückungen und das religiöse Schwärmen an vielen Stellen für Menschen (in der UN-Vollversammlung und außerhalb) anderer Religionen oder für Atheisten 'schwer verdaulich'.

Hier ein paar Kostproben: "Die Vergötterung des Kapitals und der Vorherrschaft trat anstelle der Anbetung des Einen Gottes, welche der Schlüssel zur Einheit und Liebe ist. ... Die Bekämpfung der religiösen Werte durch die Egozentriker ebnete den Weg zur Sklaverei und dem Imperialismus. ... Man muss sich klug dafür hüten, in Satans Falle zu gleiten. ... Die Welt bedarf der Verwaltung  durch geläuterte Menschen wie die Gesandten Gottes. ...  Die Reform der internationalen Situation und die Herstellung von Sicherheit und Frieden und Wohl erfordern die Mitbeteiligung aller, geläutertes Denken und eine Verwaltung entsprechend göttlicher und menschenwürdiger Maßstäbe."

Daneben gibt es noch inhaltliche Positionen in der UN-Rede von Irans Staatspräsident, die kritikwürdig sind und die Begrenztheit seines Denkens im Kontext des theokratischen Regimes des Irans aufzeigen. So formulierte er zur Atomenergie: "Atomenergie ist sauber und billig. Sie ist  ein Gottesgeschenk und eine der besten Alternativen für die Verminderung der Verschmutzungen durch fossile Brennstoffe", was fast direkt von der deutschen Bundesregierung übernommen worden sein könnte. Gut getan hätte seiner Rede auch die explizite Bekundung (Wiederholung schadet hier nicht, sondern hilft), dass Iran die Atomenergie nur friedlich nutzen wird. Gegen Ende seiner Rede schwärmte er ausführlich über die Rolle der Frau in der menschlichen Gattung und sagte u.a.: "In der Frau tritt göttliche Schönheit  in Erscheinung und sie ist Ausgangspunkt der Gefühle und verantwortlich für die Verbreitung der Menschenliebe  und der Wahrung des Anstandes und der Reinheit der Gesellschaft." Über die Rolle der Frau als gleichberechtigter Gestalter des menschlichen Lebens in der Gesellschaft - wie die Chinesen sagen: die zweite Hälfte des Himmels - fällt jedoch kein Wort.

So zeigt die Rede des iranischen Staatspräsidenten die volle Widersprüchlichkeit seiner Person und des Landes, das er vertritt: verhaftet im mittelalterlichen gesellschaftlichen Bild einer Theokratie bei gleichzeitig heftigem, gerechtem Widerstand gegen imperialistische, hegemoniale Anmaßung und Politik der Unterdrückung, der jedoch durch religiöse Schwärmerei und kontraproduktive Provokationen einen nicht unerheblichen Teil seiner Überzeugungskraft und Wirksamkeit einbüßt. Kein glanzvoller Dienst am iranischen Volk, aber auch niemals eine Rechtfertigung für diejenigen ausländischen Kräfte, die den Iran unter ihre eigene Kontrolle bringen möchten.

Text: hth  /  Foto: Wikipedia

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

EL Star 150

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.