Internationales

alt18.07.2010:  Hektische Reisetätigkeit und Gespräche der verantwortlichen oder sich verantwortlich fühlenden Politiker findet in diesen Tagen im Nahen Osten rund um Palästina und Israel statt. Nicht besonders überraschend - denn zum Einen sind die Nachbeben des israelischen Massakers am 31. Mai gegen die Gaza-Friedensflottille nicht abgeklungen, die Forderungen der Weltöffentlichkeit nach vollständiger Aufhebung der israelischen Blockade und der Ermöglichung eines menschenwürdigen Lebens in Gaza stehen weiterhin im Raum. Zum Zweiten läuft im September die Zeit der von Israel vekündeten 'Beschränkung des Siedlungsbaues' im Westjordanland und Ostjerusalem aus und soll nach Ansicht der Rechten Israels und der Regierung nicht verlängert werden.

So stimmten sich vor zwei Wochen US-Präsident Obama und Israels Ministerpräsident Netanjahu über den weiteren Kurs ab. Der beinhaltet weiter uneingeschränkte Solidarität der USA mit dem Plan eines 'Staates des jüdischen Volkes' und als eine der von Netanjahu seitens Israel zugesagten 'vertrauensbildenden Maßnahmen'  ließ man gleich anschließend in Jerusalem das Haus einer 7-köpfigen Familie platt machen, ohne sich um deren Schicksal zu kümmern.

Der US-Vermittler im Nahen Osten George Michell - derzeit etwas ähnliches wie ein Postbote lufthaltiger Pakete - pendelt zwischen Jerusalem und Ramallah und bringt i.a. nicht viel mehr mit als am vorgestrigen Samstag die Feststellung: "Wir erkennen die Schwierigkeiten, aber wir sind entschlossen weiterzumachen."

Israels Außenminister versucht sich verzweifelt als solcher ins Spiel zu bringen und provoziert selbst Netanjahu (nicht des Inhalts, sondern nur der Form wegen) mit einem Vorschlag, den Gaza-Streifen komplett (Waren- und Personenverkehr, Handel und Infrastruktur)  in die Verantwortung der EU zu übergeben und die Grenzen zu Israel für jeglichen Austausch zu schließen, quasi zuzumauern. Netanjahu flog am heutigen Sonntag nach Kairo, um Ägyptens Staatschef Mubarak für Unterstützung bei weiteren Zugeständnissen der Fatah und vom Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörden Abbas, "zur Beschleunigung des Eintritts in direkte Verhandlungen zwischen uns und den Palästinensern" wie Netanjahu meinte, zu gewinnen.

Wie es aussieht, vielleicht sogar mit Erfolg. Denn obwohl die Fatah noch letzte Woche keine Gesprächsbereitschaft mit Israels Regierung bekundete, deutete Abbas Ende letzter Woche quasi in vorauseilendem Gehorsam in einem Interview mit einer jordanischen Zeitung an, dass die Forderung nach einem vollständigen Siedlungsstopp evtl. entfallen könne, wenn Israel einem "Gebietstausch auf der Grundlage der Waffenstillstandslinie von 1967 sowie einer Stationierung ausländischer Friedenstruppen an der Grenze des zukünftigen Palästinenserstaates" zustimme. Woher solche Gebiete kommen sollen, bleibt wohl vorerst sein Geheimnis. Aber der 'große weiße Vater' in Washington wäre wohl es zufrieden, ebenso die Spitzen der EU.

Auch die Außenbeauftragte der EU, Catherine Ashton, nimmt von heute an bis zum Dienstag an der allgemeinen Reisediplomatie in Nahost teil (Guido Westerwelle u.a. werden noch folgen).  Sie drängte darauf, "so bald wie möglich" mit "substanziellen Gesprächen über alle Themen des permanenten Status zu beginnen".  Die EU - wie in einer Erklärung vom Samstag übrigens auch die Außenminister der ASEAN - fordert eine völlige Öffnung der Grenzen zum Gaza-Streifen. "Wir möchten sehen, dass die Menschen sich frei bewegen können", sagte Ashton, "dass nicht nur Güter nach Gaza hineinkommen, sondern auch Exporte aus Gaza herauskommen." Da hat sie recht, aber: zur Begutachtung der 'Fortschritte' im Gaza-Streifen nach der teilweisen Lockerung der israelischen Blockade, besuchte sie diesen auch am Wochenende - natürlich ohne jedweden Kontakt mit der demokratische legitimierten dortigen Regierung der Palästinenser. Mit wem im Gaza-Streifen möchte sie dann ggf. über die Öffnung der Grenzen verhandeln??

Bei all diesem Hin und Her, dem mehr oder weniger prinzipienlosen Politschacher, der scheinheiligen und verlogenen 'Unterstützung der Palästinenser' durch die EU ist es gut und hilfreich, sich - immer wieder - an festen und strategisch allein fortschrittlichen Prinzipien bei der Unterstützung der palästinensischen Nation und eines tragfähigen Friedens mit Israel zu orientieren.  Kürzlich wurden in einem 'Positionspapier Israel/Palästina' solche Orientierungen für eine Neubewertung des Nahostkonflikts, der deutschen Verantwortung und eine gerechte Friedenspolitik formuliert und zur öffentlichen Unterzeichnung bekannt gemacht. Auch unsere Partei unterstützt die Positionen und hat dies durch Unterschriften verschiedener Funktionsträger, so insb. durch den stellvertretenden Vorsitzenden Leo Mayer, gezeigt. Hier einige wesentliche Auszüge des Positionspapier mit Bezug auf die obig geschilderte Diplomatie:

Israel ist durch die koloniale Landnahme, durch die zionistische Staatsdoktrin bzw. die Definition als „jüdischer Staat“ sowie die Politik seiner bisherigen Regierungen Täter und nicht Opfer. Die Selbstdefinition als Staat aller Juden – und nicht als Staat aller seiner Bürgerinnen und Bürger, wie es modernem Staatsrecht entspräche – führt zwangsläufig zu Diskriminierung und Ausgrenzung und zur Verweigerung des Rückkehrrechts der palästinensischen Flüchtlinge. Das ständige Bestreben, das zahlenmäßige Übergewicht der jüdischen Bevölkerung zu sichern und aktive Einwanderungspolitik zu betreiben sowie das Ziel, Israel möglichst auf ganz Palästina auszudehnen, führen zu zahllosen Widersprü­chen, strukturellem Unrecht, rassistischer Ausgrenzung und ethnischer Säuberung.

Wir ergreifen in der Nahostfrage wie in allen Zusammenhängen, in denen Bevölkerungen schutzlos einem übermächtigen Akteur ausgesetzt sind, eindeutig Partei für die Schwächeren und ihre legitimen Interessen. Eine bedingungslose oder auch nur kritische „Solidarität mit Israel“ aus Gründen der „Staatsräson“ oder eine angebliche „Doppelverantwortung“ gegenüber einem kolonialistischen und unterdrückerischen Israel und den unterdrückten Palästinensern wären nicht nur falsche Konsequenzen aus der deutschen Geschichte. Solche Ausgangspunkte sind in Wahrheit geeignet, die einseitige Unterstützung des Stärkeren, d. h. Israels, zu kaschieren.

Wir können und dürfen die Unterstützung einer unterdrückten Bevölkerung im Übrigen nicht vom Charakter ihrer aktuellen Führungen – hier der Fatah (bzw. PLO) oder der islamischen Hamas – abhängig machen, sonst laufen wir Gefahr, uns in der Auseinandersetzung zu neutralisieren bzw. Unterdrückung faktisch zu rechtfertigen bzw. zu unterstützen. Fatah und – die 2006 gewählte – Hamas müssen bei internationalen Friedensinitiativen ohne Vorbedingungen als Vertreter der palästinensischen Seite anerkannt und beteiligt werden. Humanitäre Hilfe darf ebenfalls nicht vom Charakter von politischen Führungen oder von Regierungen abhängig gemacht werden. Kollektivstrafen sind aus völkerrechtlicher Sicht illegal.

Die intensiven wirtschaftlichen, diplomatischen und Rüstungsbeziehungen zwischen Deutschland, der EU und Israel sowie ihr laufender Ausbau, die ständigen Beschwichtigungen und doppelten Standards fördern keine Konfliktlösungen, die den Interessen der betroffenen Menschen vor Ort gerecht werden. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass Israel mit völkerrechtswidriger Besatzung und Unterdrückung, Annexion und kriegerischen Überfällen auf die Nachbarstaaten, der Wirtschaftsblockade gegen Gaza und der blutigen Kaperung von internationalen Hilfskonvois mit dringend benötigten und von Israel nicht herein gelassenen Gütern straflos fortfahren kann.

Wenn Israel schweres Unrecht unter Berufung auf den Völkermord der Nazis an den Juden begeht, von anderen Regierungen dabei unterstützt oder gerechtfertigt wird, so ist das eine Verhöhnung der Opfer. Zusammen mit den internationalen gesellschaftlichen Bewegungen für eine friedliche und gerechte Welt treten wir dafür ein, die unterdrückerische, ausgrenzende und kriegerische israelische Politik und die zionistische Staatsdoktrin zu delegitimieren. Das ist die zentrale Voraussetzung für ein Leben in Frieden, Sicherheit und Demokratie sowohl für Israelis wie für Palästinenser. Es gibt keine deutsche historische Wiedergutmachung auf Kosten der Palästinenser und Palästinenserinnen.

In welcher Form sich eine künftige gerechte und völkerrechtlich abgesicherte Lösung in Nahost ergeben wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Diese Frage wird vor Ort entschieden und ist das Ergebnis der Auseinandersetzungen. Wir sprechen den Mächtigen dieser Welt, ihren Regierungen und Institutionen das Recht ab, den beiden Bevölkerungen in Palästina und Israel Modelle aufzuzwingen. Auch die internationale Linke und die weltweite Friedensbewegung sollten sich in dieser Frage zurückhalten. ... Damit diese oder mögliche andere Optionen überhaupt von Palästinensern und Israelis ernsthaft verhandelt werden können, muss die entscheidende Voraussetzung geschaffen werden: Die politischen Rechte der Palästinensern müssen international und von Israel anerkannt und garantiert sein.

Wir setzen uns für den verstärkten Austausch und die Zusammenarbeit mit den israelischen und palästinensischen fortschrittlichen Kräften sowie die Stärkung der internationalen zivilgesellschaftlichen Bewegungen insgesamt ein, um die Wahrheit über die unhaltbaren Verhältnisse in Nahost zu verbreiten, den Druck auf die israelische Regierung und ihre Unterstützer zu erhöhen und sie zur Einhaltung von Menschenrechten und Völkerrecht zu zwingen. Ein wichtiges Mittel, wirksamen Druck von unten aufzubauen, ist die von der palästinensischen Zivilgesellschaft im Jahr 2005 angestoßene internationale Kampagne Boykott, Desinvestment und Sanktionen (BDS). Sie richtet sich gegen die Unterdrückungspolitik eines Staates, und gegen alle, die von Besatzung und Mauerbau in Israel/Palästina profitieren oder daran beteiligt sind, d. h. vor allem gegen Wirtschaftsunternehmen, Finanzgruppen, akademische Institutionen usw.

An diesen und den anderen Aussagen des 'Positionspapier Israel/Palästina' sollte nicht nur jede linke, kommunistische Nahost-Politik bei uns, sondern gleichermaßen die der eingangs erwähnten 'Diplomaten' gemessen und bewertet werden. Umso mehr, als mit einer Befriedung in Palästina/Israel noch lange nicht zu rechnen ist. Auch die Unterzeichnung und weitere Bekanntmachung ist ein wichtiges politisches Signal.

Text: hth  /  Foto: photosfromzion (protestierende Israeli in Ashdot 31.5.2010)

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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