Internationales

alt24.02.2010:  Seit Ende 2009 und noch zunehmend Anfang dieses Jahres, haben die derzeitigen Zentren des Weltimperialismus - die USA und die EU - ihre Hetze und Maßnahmen gegen den Iran wegen seines angeblichen Atomwaffenprogramms verstärkt und ausgedehnt. Hauptantreiber ist ohne Zweifel die USA und deren enger Verbündeter im Nahen Osten, Israel, die einzige Atommacht der Region, die zudem den Atomwaffensperrvertrag (NPT) unbeanstandet ignoriert und nicht unterschrieben hat. "Extrem harte, schmerzende Wirtschaftssanktionen", so Israels Ministerpräsident Netanjahu, stehen derzeit als Druckmittel gegen den Iran im Zentrum der Forderungen und Anstrengungen von Israels Helfern. Maßnahmen, die der iranischen Nation nicht helfen, sich von der Last der theokratischen Herrschaft zu befreien.

Kaum ein Tag in den letzten Monaten, an dem nicht die bürgerlichen Propagandamedien aktiv die Verleumdungen gegen das iranische Atomprogramm verbreiten, die ihnen die staatlichen Führungszentren vorgeben. Zugespielte Informationen der Geheimdienste ohne Beweiskraft über angebliche Atomwaffenplanung werden breit in die Öffentlichkeit gestreut (z.B. die SZ unmittelbar vor der Münchener Sicherheitskonferenz Anfang Februar), die Vorschläge der USA und EU über eine exterritoriale Urananreicherung werden so unklar, wie nur möglich erwähnt. Dabei ist klar, dass diese Vorschläge mit Fairness wirklich nichts zu tun haben. Ein Austausch, bei dem Iran schwach angereichertes Uran liefert und erst nach 9-12 Monaten dieses angereichert zurück erhält, ist so ungleich, wie es gerade noch der Öffentlichkeit verkaufbar erscheint. Einmal abgesehen davon, dass eine Urananreicherung für Uran unter 20% voll und ganz zulässig im Rahmen des NPT ist. Die durchaus vorhandene Zusammenarbeit des Irans mit der internationalen Atombehörde (IAEA) und die Bekräftigung zur Einhaltung des NPT zählt genau so wenig, wie die immer wieder erneuerten öffentlichen Erklärungen höchster Autoritäten des Irans, dass der Iran keine Atomwaffen brauche und wolle. Sie seien auch mit dem eigenen Verständnis des Korans nicht vereinbar. Erst jüngst, am letzten Freitag (19.2.), äußerte sich der höchste Staatsführer, Ayatollah Khamenei, erneut in diesem Sinne.

Trotz der hetzerischen Stimmungsmache der herrschenden westlichen Medien, gelingt es aber nicht so recht, die Front für die von Netanjahu gewünschten harten, zerstörerischen Sanktionen zu errichten. Und für einen Militärschlag gegen den Iran ist die Unterstützung Israels noch geringer. Wenn Israels Ministerpräsident vor einer Woche bei seiner Werbetour in Moskau davon sprach, Militäraktionen seinen nicht geplant, so mag das noch bewusste Irreführung gewesen sein. Es kann aber auch (und eher) ein Zeichen für (noch) fehlende Unterstützung aus den USA sein. Dafür spricht, dass der Vorsitzende und Vertreter der Stabschefs der US-Streitkräfte, Admiral Mike Mullen, vor zwei Tagen vor den unübersehbaren Folgen eines Militärschlages gegen den Iran öffentlich (vor Journalisten) warnte. Seiner Ansicht nach müssten weiterhin diplomatische und wirtschaftliche Hebel gegen den Iran eingesetzt werden. Dies würde der außenpolitischen Linie Barack Obamas entsprechen. Aber natürlich gibt es in Israel und in den USA auch Kräfte, die lieber heute als morgen gegen den Iran so vorgehen möchten, wie die Bush-Regierung gegen den Iraq im Jahre 2002.

Bei der Organisation von Wirtschaftssanktionen gegen den Iran hapert es weiterhin vor allem mit der Absegnung im UN-Sicherheitsrat. Während von Frankreich und England Unterstützung sicher ist, zeigte sich Russland weiterhin sehr reserviert gegenüber Wirtschaftssanktionen. Kurz nach Natanjahus Werbetour in Moskau für 'extrem schmerzende' Sanktionen sagte der russische Außenminister Rybakow am 19.2. in Moskau: "Der Ausdruck 'zerstörende Sanktionen' gegen den Iran ist für uns vollständig inakzeptabel. Die Sanktionen sollen darauf abzielen, die Durchsetzung des Atomwaffensperrvertrages zu stärken." Und noch deutlicher signalisiert die VR China seit Wochen konsequent und gestern erneut, dass für sie nur diplomatische Mittel in der Auseinandersetzung mit dem Iran in Frage kommen. "China glaubt, dass in der gegenwärtigen Phase alle betroffenen Parteien fortfahren sollten, die diplomatischen Anstrengungen zu intensivieren und den Prozess der Gespräche und Verhandlungen voranzutreiben", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Qin Gang. Daran wird auch eine weitere Werbetour von israelischen Regierungsvertretern nach China in dieser Angelegenheit, die in den nächsten Tagen geplant ist, nichts ändern. Übrigens ein äußerst ungewöhnlicher Schritt trotz der bestehenden diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern.

Angesichts dieser Lage sprach Israels Ministerpräsident am Wochenende davon, dass man eben selbst dann Sanktionen praktizieren solle, wenn der UN-Sicherheitsrat nicht zustimmt. Eine ebenfalls gestern für die nächsten Tage angekündigte fünftägige Reise von Ehud Barak, Israels Verteidigungsminister, in die USA mit Treffen des US-Verteidigungsministers Gates, Außenministerin Clinton, dem Nahost-Beauftragten Mitchell und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon dient wohl der Abstimmung in diesem Sinne. Die USA haben auch ohne UN-Beschluss bereits mit Sanktionen gegen den Iran begonnen. Vergangene Woche hat das US-Finanzministerium die Konten in seinem Zuständigkeitsbereich von vier Firmen eingefroren, die von den Revolutionsgarden kontrolliert werden, und verhängte Reisebeschränkungen für General Rostam Kasemi, der die Bau- und Maschinenbaufirma Khatam al-Anbiya der Revolutionsgarden leitet. Firmen aus Deutschland (z.B. Siemens) schränken bereits seit Ende 2009 ihre geschäftlichen Aktivitäten mit dem Iran ein und bauen sie schrittweise ab.

All dieses bietet der theokratisch-reaktionären Führung des Iran gute Ansatzpunkte, sich als Verteidiger der nationalen Interessen hervor zu heben und die demokratischen Kräfte im Lande zu knebeln und zu verfolgen. Die kommunistische Tudeh-Partei beschrieb in einer kürzlich erstellten Analyse die Situation so:

"Während das Regime den Militär- und Sicherheitsapparat dazu einsetzt, die wachsend Zustimmung erhaltende Opposition niederzuhalten, hat die US-Regierung Provokationen gegen den Iran gestartet. Die Stationierung von Raketenabwehrsystemen in vier Nachbarstaaten des Irans am Golf, angeblich um sie vor einem möglichen Raketenangriff aus Iran zu schützen, ist eine beabsichtigte Provokation. So eine Handlung wird innerhalb des Irans niemandem helfen. Das theokratische System hat solches Säbelrasseln der USA nur ausgenutzt, um Widerspruch zum Schweigen zu bringen und die Unterdrückung der inneren Opposition zu rechtfertigen.
  
Die Tudeh-Partei und alle linken und fortschrittlichen Kräfte des Iran haben ihre unbedingte Gegnerschaft zu allen Einmischungen in die inneren Angelegenheiten des Irans erklärt. Sie verurteilen auch jede Drohung zum Zwecke der Einmischung, sei es durch die USA, die EU oder durch Israel. Sie verurteilen wirtschaftliche Sanktionen gegen den Iran, da solche Maßnahmen nur der Volksbewegung für Frieden, Demokratie und soziale Gerechtigkeit im Iran Schaden zufügen. Sanktionen werden nicht vom iranischen Volk verlangt, sondern es fordern sie westliche Regierungen, die ihre eigenen Ziele hinsichtlich der Zukunft des Irans verfolgen. Die Zukunft der politischen Entwicklung im Iran muss ausschließlich dem iranischen Volk zur Entscheidung vorbehalten bleiben. Die oppositionelle Volksbewegung, die den umstrittenen Wahlen vom 12. Juni 2009 entsprang, hat gezeigt, dass das iranische Volk tatsächlich eine Stimme hat und die Unterstützung und Solidarität der Arbeiter-, Friedens- und Fortschrittsbewegungen überall auf der Welt verdient."

Die iranische Islamische Republik ist in ihrem Inneren ohne Zweifel in vieler Hinsicht ein undemokratischer, unterdrückerischer Staat. Aber sie hat in ihrem 31-jährigen Bestehen kein anderes Land angegriffen oder Eroberungskriege geführt. Wie könnten dem iranischen Volk nun die Staaten helfen, deren Außenpolitik primär darin besteht, sich andere Staaten unterzuordnen, zu beherrschen oder zu erobern? Jeder Partner, jeder Weg ist ihnen dabei recht. Während die USA im Sommer 2009 noch versuchten, die breite Oppositionsbewegung nach den iranischen Präsidentschaftswahlen für sich zu instrumentalisieren, haben sie diesen Vorgehensplan und die demokratische Bewegung jetzt offensichtlich - weil nicht in ihrem Sinne erfolgreich - fallen gelassen.

In einer Rede vor Studenten in Quatar am Montag voriger Woche (15.2.) zeigte US-Außenministerin Clinton, worum es jetzt geht. Sie warnte vor der Gefahr der Machtergreifung durch die rechten Revolutionsgarden: "Wir sehen, dass die iranische Regierung, der Oberste Führer, der Präsident und das Parlament verdrängt werden, und dass der Iran sich auf eine Militärdiktatur zu bewegt." Und sie bekräftigte das wenig später vor Journalisten: "Ich denke, diese wachsende militärische Kontrolle über Entscheidungen der Führung sollte die Iraner beunruhigen, so wie sie uns beunruhigt." Clinton jetzt auf der Seite des Präsidenten Ahmadinejad? Nein, eine kaum verhüllte Strategie, um Widersprüche innerhalb der Herrschenden des Irans anzuheizen und für eigene Zwecke auszunutzen. Dabei ist das Anwachsen des Einflusses militärischer Kräfte (der Revolutionsgarden) natürlich auch ein Ergebnis der ständigen Bedrohung des Irans durch die USA, die EU und Israel. Solidarität mit dem iranischen Volk kann davon nur Welten entfernt sein.

Text: hth  /  Foto: futureatlas