Wirtschaft

stoppt waffenhandel ippnw30.08.2014: Seit dem 8. August überfällt die US-amerikanische Regierung wieder Menschen im Irak. Das Kurdengebiet im Irak liegt auf Rang neun der weltweit wichtigsten Ölfördergebiete und verfügt über den weitaus größten Teil der bekannten Gaslagerstätten Iraks; vorgeblicher Grund für die Angriffe ist jedoch die Bewegung Islamischer Staat. Wo die US-amerikanische Rüstungsindustrie verdient, will die europäische nicht beiseite stehen. Gefügig haben die Außenminister der EU und die deutsche Regierung der Lieferung von Kriegsgerät an die irakischen Kurden zugestimmt und Merkel „Dual- Use“-Güter – sowohl zur zivilen wie auch militärischen Nutzung geeignet – der ukrainischen Regierung zugesagt.

Nato-Generalsekretär Rasmussen erklärte in Kiew: „Die Nato steht bereit, die Ukraine zu unterstützen“, Merkel will die Beistandspflicht der Nato in den baltischen Staaten „im Zweifelsfall natürlich auch mit Leben“ füllen. Israel bombardiert sei Wochen die Menschen in Gaza, Hamas-Raketen werden auf israelische Wohngebiete geschossen. Waffenproduzenten und -händler reiben sich die Hände, denn jede Munition, jede Bombe, jede Rakete kann nur einmal verwendet werden. Dann muss sie als „Einwegartikel“ wieder ersetzt werden – und bringt neuen Mordsprofit.

Das Gebot der Stunde wäre: Austrocknen der Waffenflüsse, Schluss mit Waffenexporten und dem Bau von Mordswaffen um sofortige Waffenstillstände durchzusetzen. Das entspricht dem Wunsch der Mehrheit der Menschen in Deutschland. 71 Prozent lehnen Waffenlieferungen ins irakische Krisengebiet ab. Zwei Drittel der Befragten sprechen sich bei Umfragen gegen Kampfdrohnen aus, 61 Prozent gegen Rüstungsexporte. 78 Prozent der Deutschen sind dagegen, dass Deutschland in der Welt größeres militärisches Engagement zeigt, 63 Prozent, dass die Bundeswehr mehr Geld für ihre Aufgaben erhält.

Deutlich spiegeln das Gewerkschaftsbeschlüsse, -äußerungen und -handlungen wider. Frieden und Abrüstung wird gefordert. Aktuell ist der Beschluss zur Friedenspolitik des DGB Bundeskongresses im Mai. In dem vierseitigen Antrag heißt es unter anderem, dass der DGB für die Verwirklichung und den Erhalt des Friedens eintritt; und weiter: „Krieg kann und darf niemals ein Mittel der Politik sein – Nie wieder Krieg!“ Er fordert die weltweiten Ausgaben für Militäreinsätze und Rüstung drastisch zu reduzieren und das eingesparte Geld für Bildung und nachhaltige Entwicklung zu verwenden; er fordert Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf, sich über Zivilklauseln auf die Forschung zu zivilen und friedlichen Zwecken zu verpflichten u. a. mehr.

Die GEW forderte auf ihrem Gewerkschaftstag 2013 die Kürzung der Militärausgaben zugunsten der Bildung und forderte die Länder auf, „bestehende Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr zu kündigen“ und unterstützt aktiv die Unterschriftensammlung „Lernen für den Frieden, keine Rüstungsindustrie und kein Militär in Bildungseinrichtungen“.

Auch die IG Metall, in deren Organisationsbereich ein großer Teil der Beschäftigten in der Rüstungsindustrie fällt, hat auf ihrem letzten ordentlichen Gewerkschaftstag 2011 wieder (wie auch auf den Gewerkschaftstagen zuvor) einen Beschluss zur Rüstungskonversion gefasst: „… Die Rüstungsausgaben müssen zugunsten sozialer, ökologischer und arbeitsmarktpolitischer Aufgaben gesenkt werden. Die Bundesregierung wird aufgefordert – die Rüstungsausgaben deutlich zu senken …“.

Im DGB-Aufruf zum diesjährigen Antikriegstag heißt es u. a.: „Der DGB wird sich dafür einsetzen, Rüstungsausgaben weltweit zu senken um die Lebens- und Bildungschancen der Menschen zu erhöhen.“

Beschlüsse, Aufrufe, Aktionen zum Antikriegstag, Ostermarsch oder andere Friedensaktivitäten gibt es auf allen gewerkschaftlichen Ebenen, z. B. beschloss die Bezirkskonferenz des DGB Baden-Württemberg, dass der DGB die Kampagne 2014 für Frieden und Abrüstung aktiv umsetzen soll; und die Bezirkskonferenz Bayern legte fest: Der DGB sagt Nein zur militaristischen Tendenz im Koalitionsvertrag von SPD, CDU und CSU.

In den Mainstream-Medien dringen die Friedensforderungen und – aktivitäten der GewerkschafterInnen kaum durch. Wohl aber wird in der von der Bewusstseinsindustrie zugerichteten Presse mehrfach berichtet, wenn 20 Betriebsratsmitglieder und IG MetallerInnen für einen Bittgang für die Arbeitsplätze der Menschen in Rüstungskonzernen beim Wirtschaftsminister vorstellig werden.

Sie fordern von Unternehmen und Regierung u. a. einen „Diversifikationsfonds“, „mittel- und langfristige Strategien“ für die „Entwicklung alternativer Projekte“ und die „Erschließung ziviler Märkte“. „Eine Wiederbelebung der Konversionsdebatte“, präzisiert der Bezirksleiter der IGM Baden-Württemberg, Zitzelsberger. Wenn Heckler & Koch Hochpräzisionsteile baut, könnten die „beispielsweise auch im Präzisionsmaschinenbau“ genutzt werden. Die Betriebsräte wollten nicht mehr Kriegsgerät, sondern in Richtung Konversion, dafür wollen sie den Wirtschaftsminister gewinnen, denn die Unternehmen seien „nun mal marktwirtschaftlich orientiert“ und dächten teilweise ganz anders, so Zitzelsberger. „Grundsätzlich unterstützt die IG Metall die Forderung des Bundeswirtschaftsministers, die Regeln für Rüstungsexporte zu verschärfen. Dies dürfe aber nicht alternativlos im Raum stehen bleiben, da an der Branche bundesweit zehntausende Arbeitsplätze hängen.“ ist auf der IG Metall-Seite zu lesen.

Der Bundesverband der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie beziffert in einer Studie Ende 2012 die 2011 im Kernbereich der Sicherheitsund Verteidigungsindustrie beschäftigten Menschen mit 17 260. Als Kernbereich gelten Waffensysteme, Waffen und Munition, Panzer und Kriegsschiffe. Natürlich gibt es im Zuliefererbereich sicher noch einmal so viele Beschäftigte. Bei 30 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten eine relativ geringe Zahl. Auch im Steinkohlebereich war eine Umstellung möglich, weil politisch gewollt und finanziert. Arbeitsplatzalternativen für die hochqualifizierten Rüstungsarbeiter gäbe es. Beständig jammern Wirtschaftsvertreter, dass ihnen qualifizierte Experten fehlen – warum sie nicht aus dem Rüstungsbereich nehmen?

Geld für einen Diversifikationsfonds könnte ebenso locker zur Verfügung gestellt werden, wie jetzt die EU-Millionen für die Obst- und Gemüsebauern, deren Einkommen durch den Wirtschaftskrieg mit Russland geschmälert wird. Auch Milliarden für die Aktionäre maroder Banken wurden von der Regierung zur Verfügung gestellt, warum nicht für die Umschulung von RüstungsarbeiterInnen? Die heute für Rüstungsschrott verschwendeten Steuergelder reichen für wesentlich mehr sozial und ökologisch nützliche Arbeitsplätze, denn Rüstungsarbeitsplätze sind die teuersten, wie mehrfach nachgewiesen wurde.

Eine Ausweitung des bestehenden teilweisen Rüstungsexportverbots nach Russland auf andere Länder wäre dann kein Schritt, der Arbeitsplätze kosten würde.

Im Widerspruch zur Forderung nach einem Diversifikationsfonds und zu den Friedensbeschlüssen der Gewerkschaften heißt es im aktuellen IGM-Positionspapier u. a.: „Die IGM und die Betriebsräte fordern Klarheit, welche Fähigkeiten künftig benötigt, welche Technologien und welche Ausrüstungen (wo) beschafft und gewartet werden sollen“ vom Verteidigungsministerium. Als Geiseln der Konzerne, in ihrer Sorge um die bedrohten Arbeitsplätze ihrer KollegInnen, lassen sie sich als Fußtruppen vorschicken. Die Konzernherren selber halten sich vornehm zurück und werden erst Anfang September das Gespräch zur Sicherung ihrer Rüstungsprofite mit Gabriel führen. Widerstände in Teilen der Regierung und der Bevölkerung lassen sich mit dem Scheinargument der Arbeitsplätze, vorgetragen von den Interessenvertretern der Beschäftigten, leichter brechen.

Alle, die auf einen Arbeitsplatz angewiesen sind, um ihren eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten, werden die Angst der Menschen um ihre Arbeitsplätze verstehen. Das betrifft aber nicht nur RüstungsarbeiterInnen. Die Industrieproduktion knickt ein, ein Rationalisierungsschub jagt den anderen und damit einher geht der Abbau von Arbeitsplätzen. Die IGM Kiel beispielsweise alarmierte, dass es in den Industriebetrieben in Kiel in den 90er Jahren etwa 20 000 Beschäftigte gab, heute sind es nur noch 10 000. Eine drastische Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich wäre hier wie auch bei den RüstungsarbeiterInnen ein wesentlicher Teil der Lösung.

Die Friedensbeschlüsse im Gewerkschaftsbereich sind gut, müssen stärker mit Leben gefüllt werden, brauchen Unterstützung der Friedens- und fortschrittlichen Bewegung. Es muss uns darum gehen, ein noch stärkeres Antikriegsbewusstsein und -engagement in der Bevölkerung zu verankern und aktive BündnispartnerInnen der Friedensbewegung zu gewinnen. Dazu gehören auch die RüstungsarbeiterInnen. Objektiv sind weder sie noch ihre InteressensvertreterInnen Feinde der Friedensbewegung, maximal gibt es MitläuferInnen unter ihnen. Die Menschen brauchen ihr Auskommen. Solange bei bestehender Massenarbeitslosigkeit für sie keine realen Einkommensalternativen geschaffen werden, können wir sie nicht verantwortlich machen für Kriegs- und Rüstungsproduktion. Wir machen ja auch chinesische NäherInnen nicht für die Umweltverschmutzung der Textilindustrie verantwortlich. Verantwortlich sind die Profiteure. Um noch mehr und höhere Profite zu realisieren, lassen sie erarbeitete Werte zertrümmern und verbrämen ihr Handeln mit dem fragwürdigen Argument der „Wahrung von Menschenrechten“. Die Aktionäre der Rüstungsmonopole argumentieren zusätzlich mit dem scheinbaren Erhalt von Arbeitsplätzen.

Wir, KommunistInnen, Linke, Friedensbewegte müssen mit den RüstungsarbeiterInnen, wie mit allen anderen Menschen, über ihre Diversifikationsvorstellungen, Denkalternativen zu den Berufen, Arbeitszeitverkürzung und Wegen dahin sprechen. Wir müssen Bewusstsein schaffen, das eine bessere Welt ohne Waffen und Profite möglich ist.

Text: Anne Rieger (aus UZ vom 29.08.2014)         Foto: ippnw Deutschland

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